Vorurteile, des Menschen gegebene Gabe

760 Wörter, 4-Minuten Lesezeit

_ben, drüben bei anmutunddemut.de hat mir einen schönen Anlass gegeben, mal über meine Position zum Thema Vorurteile zu schreiben.

Für mich sind nicht Vorurteile die Grundlage der Diskriminierung und des Rassismus, sondern der unreflektierte Umgang mit Vorurteilen. Vorurteile sind ein wichtiger und notwendiger Prozess des Menschen um nicht von der Komplexität der Realität erschlagen zu werden.

Die Unterscheidung beginnt mit dem größten Wahrnehmbaren unterschied. Mann-Frau, schwarz-weiß, groß-klein, alt-jung. Ich behaupte (ohne das tatsächlich beweisen zu können). Jeder Mensch, auch die tollerantesten, treffen im ersten Moment genau solche Unterscheidungen. Der Grad der Unterscheidung, also der Zeitpunkt oder die Detailtiefe der Vorurteile variiert dann stark anhand der Kulturellen Unterschiede. Der Eine stoppt schon beim Gesicht, der andere geht viel tiefer ins Detail und vergleicht noch die Uhr oder die Schuhe. Und das ist gut so.

Nur so schaffen wir es, in einigen wenigen Momenten unsere Umgebung zu erkennen und unsere Leistung auf für uns relevante Dinge zu konzentrieren. Würden wir jede Situation vollständig neu bewerten, würde wahrscheinlich auch unser unglaublich leistungsfähiges Gehirn nicht mehr mitspielen, bzw. diese Unterscheidung ist gerade ein Leistungsmerkmal unseres Gehirns. Unser Gehirn empfängt nicht die Information "Da steht ein Haus", sondern das Licht refleckiert ein Muster von Farben auf die Netzhaut. Dieses Muster wird mit gelernten Mustern verglichen und als Emotion, bzw. elektrisches Potential an unseren Verstand übermittelt. Wir nehmen nach dem Abschluss der Mustererkennung das Haus war!

Es gibt also einen ganz gravierenden Unterschied zwischen Weißen und Schwarzen. Ihre Hautfarbe... So plat und profan das ist, es rechtfertigt keine Art von Ungerechtigkeit. Es aber zu versuchen zu ignorieren ist falsch. Es wird uns auch gar nicht gelingen. Ob nun die Diskriminierung von Frauen oder die Ungleichbehandlung von andersfarbigen Menschen, beides resultiert aus gelernten und unreflektierten Mustern.

Soviel zur Relevanz von Vorurteilen für mein Denken.

Nun gibt es, völlig zu recht, eine öffentliche Diskussion darüber, wie wir mit Unterschieden in der Gesellschaft umgehen. Aber anstatt ein spezifisches Problem an der Wurzel zu packen und zu eleminieren, werden profane und in erster Linie einfach umzusetzende Konventionen getroffen. So heißt der Negerkuss nun Schokokuss und unsere Kinder haben keine Angst mehr vorm schwarzen Mann, sondern vorm bösen Mann.

Und tatsächlich ist es am einfachsten, im breiten Sprektum bekannte Ressentiments zu ächten. Und genau hier beginnt die Problematik für mich. Ich glaube nicht, dass mit der Ächtung von Begrifflichkeiten, das damit verbundene Vorurteil verschwindet. Nur weil nun keine Negerküsse mehr gegessen werden, ist das Wort "Neger" nicht weniger durch das damit verbunden Vorurteil belastet. Und die Angst vorm schwarzen Mann, rührt ja nicht nur von der Hautfarbe des Agressors, sonder evtl. dadurch, dass man nicht im Hellen sondern im Dunkeln angegriffen wird, wobei die Hautfarbe dann wohl egal ist.

Tatsächlich sind Witze über Behinderte diskriminierend. Aber der Fehler liegt nicht in der Aussage um andere (oder sich selber) zu belustigen, sondern darin, dass der Spass einerseitz evtl. ernst gemeint oder als ernst verstanden wird. Auch ist die Diskriminierung von Frauen ein exitentes Problem in unserer Gesellschaft. Aber -und hier komme ich auf _bens Artikel zurück- das Problem wird nicht dadurch gelöst, dass wir das Verhältnis von Frauen und Männern ins Gleichgewicht setzten. Sonder das im großen Stile Vorurteile im Zusammenhang mit Frauen geändert werden. Für mich beginnt das mit Frauenparkplätzen und endet nicth zuletzt mit der Gleichberechtigung von gleichgeschlechtigen Partnerschaften. Denn nur, wenn wir weniger Unterschiede gesetzlich, bzw. gesellschaftlich als "Ist-Zustand" festlegen, können wir auch ungerechtfertigte Unterschiede beseitigen.

Wir sollten unsere Kinder nicht darin erziehen, Vorurteile zu vermeiden, sondern die Berechtigung des Vorurteils und den Grund, warum wir das Vorurteil angewendet haben zu hinterfragen.

Das tolle ist doch gerade, dass es so manigfaltige Unterschiede gibt. Dennoch ist es wichtig für uns als Menschen, dass wir Schubladen öffnen und schließen dürfen. Wir dürfen nur nicht den Fehler machen und Schubladen als Automatismuss zu verstehen. Und unseren Kindern sollten wir die Fähigkeit mitgeben, Schubladen mit Fragezeichen zu versehen. Jedes mal, wenn wir etwas als "Ist so" erkennen, sollten wir uns die Frage stellen: "Wirklich?"